Leh - Manali: Horror einer Busfahrt - Liebe zur Erde

Suche
Direkt zum Seiteninhalt

Hauptmenü:

Leh - Manali: Horror einer Busfahrt

Leh - Manali: Horror einer Busfahrt mit dem Super-Deluxe-Bus Mitte September


Wer die Geschichte nicht glaubt und sich die Augen reibt - diesen Text haben wir auch an die Deutsche Botschaft in Indien geschickt, natürlich ohne Erfolg. Mitfiebernde Gemüter kochen sich besser erst einen Baldriantee.
Konsequenzen für eine Auswahl der Busse sind eine Seite weiter oben beschrieben. (Unser Bus hatte im übrigen die Nummer HP-01-1978). Und: die Bilder bis Sarchu sind bei gutem Wetter an anderen Touren gemacht, an dem beschriebenen Tag hatte ich keinen Nerv zum knipsen. Hätte ich gewußt, was alles kommt, hätte ich das natürlich anders gemacht.

Und eine Bemerkung noch vorab: Andere Länder, andere Sitten - mein diesbezügliches Verständnis reicht weit. Aber wenn Menschen aus Profitgier bewußt in Gefahr gebracht werden - und man kann hier von Lebensgefahr sprechen - hört für mich de Spaß auf.

Die Geschichte beginnt in Leh, wo es Mitte September 2007 kalt wurde. Dunkle Wolken hängen über den Bergen und zwingen Fluggesellschaften zum Absagen der Flüge. Bald schließt offiziell die ca 450 km lange Straße nach Manali, es ist Zeit zu gehen.



Leh im September

Diesmal soll es mit einem privaten Busunternehmen gehen, das "Super Deluxbusse" mit verstellbaren Sitzen bietet. Auf halben Weg wird in einem Zeltlager übernachtet, ca. 24 Stunden Fahrt liegen vor uns. Die Strecke ist auf etwa 2/3 des Weges geteert, dann ca. 3 m breit. Der Rest ist eingesprengte Wegstrecke in Steilhänge, Schotterstraße, eingeebnete Erdrutsche und freie Landschaft - alles, was die Phantasie hergibt. Und hunderte von Kilometern keine Siedlung.

Der Bus sollte morgens um 4.30 erscheinen und kommt mit einer Stunde Verspätung. 25 Touristen wollen mit. Die Fahrt beginnt ruhig, der Fahrer erweist sich als ruhiger und ausgewogener Fahrer, eine Seltenheit in Indien.



Vor Rumptse, bei schönem Wetter…




Nach 2 Stunden beginnt es sich zu bewölken und wird kalt. Auf dem Weg hoch zum ersten Pass, dem Tanglang La,  beginnt es zu schneien - außerhalb und innerhalb des Busses. Einen Zentimeter hoch liegt der Schnee auf meiner Wolljacke und wir suchen verzweifelt die Löcher, durch die das Zeug reinkommt - beheben können wir das Problem nicht. Kurz vor dem Pass ist Stillstand: ein voller Tanklaster ist in einen Crash verwickelt und die Armee muss einen Abschleppwagen schicken um den Tanker  an die Seite zu bekommen. Somit stehen wir 3 Stunden auf 5300 m Höhe in der Eiseskälte, insgesamt haben wir jetzt 4 Stunden Verspätung und schon jetzt ist klar, daß wir den letzten Pass am Abend eventuell auf angefrorener Straße runterfahren müssen.





Am Tanglang La, 5317m, bei schönem Wetter:








Der Tanglang La, 5317 m üNN, bei schönem Wetter


Hinter dem Tso Kar beginnt eine weite Ebene, die z.T. statt auf der Straße in der Pampa, also dem schlichten Boden befahren wird, warum auch immer. Jetzt schneit es so heftig, daß offensichtlich wird, daß nur ein Scheibenwischer geht - freundlicherweise der auf Fahrerseite. Und auch der nur manchmal, soll heißen auf sehr langsamer Stufe und nur gelegentlich. Jetzt muß der "Collector" oder Mechaniker aussteigen und mit einem großen Tuch die Scheiben freiraumen, wenn der Fahrer gar nichts mehr sieht. Macht nichts aus, man sieht in dem Schneetreiben eh nicht weit und die Landschaft ist ansonsten ja eben und leer - vom Gegenverkehr mal abgesehen…




Vor Pang - allerdings bei gutem Wetter


15 Minuten vor Pang, einer kleinen Zeltstadt für die Durchreisenden und ein Kontrollposten der Polizei, tritt der Mechaniker-Controller aus der Fahrerkabine und kündigt eine "Sicherheitsrede" an. Angesichts des Schneetreibens sind alle Mitreisenden aufmerksam. Was folgt, ist die Forderung, ihm die Reisepässe zu übergeben - üblicherweise wandert jeder einzeln zum Kontrollposten, z.T. sammeln aber tatsächlich auch die Fahrer die Pässe ein - und gleichzeitig pro Pass einen Euro an ihn zu zahlen - für die ärmsten Arbeiter in Indien ein doppelter Tageslohn, man rechne das auf deutsche Verhältnisse um. Ein Teil der Reisenden protestiert, ich wehre mich lauthals, denn das ist eine hahnebüchige Betrügerei. Der Mann ist ein Profi und Wiederstand gewohnt. Er lässt sich nicht irritieren und sammelt mit militärischer Forderung die Pässe ein, probiert es selbst bei den Protestlern unverschämt und  nachdrücklich. Etwa 15 Pässe bekommt er. Ein Deutscher vor mir kommentiert den Protest: "so ein Zirkus wegen 90 Cent… und gibt seinen Pass ab"



Tal von Pang












Vor Pang geht es steil abwärts. Glücklicherweise hört es auf zu schneien, so daß der Fahrer die Nadelkurven sehen kann.



                                                                                          


Am Checkposten, siehe Rechts bei gutem Wetter, steigen wir aus. Ich bin die erste der Protestler am Kontrollposten und verlange den leitenden Offizier zu sprechen. Die diensthabenden Burschen sind irritiert ob der Forderung und werden vorsichtig. Dann brechen die Klagen über sie herein. Die Reaktion erfolgt umgehend. Unser Kontrolleur wird geschnappt und vor versammeltem Volk mit einer Abreibung beehrt, die für indische Verhältnisse aber eher harmlos ist. Der Kerl steckt die Schläge weg ohne sich einen Deut zu scheren.



Am Checkposten steigen wir aus. Ich bin die erste der Protestler am Kontrollposten und verlange den leitenden Offizier zu sprechen. Die diensthabenden Burschen sind irritiert ob der Forderung und werden vorsichtig. Dann brechen die Klagen über sie herein. Die Reaktion erfolgt umgehend. Unser Kontrolleur wird geschnappt und vor versammeltem Volk mit einer Abreibung beehrt, die für indische Verhältnisse aber eher harmlos ist. Der Kerl steckt die Schläge weg ohne sich einen Deut zu scheren.                                                                

                                                                                                                                                                               
Die Busreisenden, die mir zunächst nicht geglaubt hatten, merken nun, daß sie es sind, die etwas falsch machen. Auch in den Zeltrestaurants macht die Sache die Runde und einige der Betreiber sind so ärgerlich, daß sie sich gleichfalls  am Bus einfinden. Denn auch in die Restaurants kommen diese Typen und verlangen Essen, Geld oder Tee dafür, daß sie die Touristen in die Läden schicken. Am Ende kommt der diensthabende Polizist in den Bus und erklärt der versammelten Mannschaft: "don't give this man any money - not for money, not for checkpoints, it is just not possible, this is a thief." Auch eine Zeltbetreiberin versucht mit ihren wenigen Brocken Englisch aufgeregt klarzumachen, daß der Mann verrückt sei, die Polizei sei nicht bestechlich.

Die Fahrt geht weiter, mittlerweise ist es nach 16.00 und eigentlich zu spät zum weiterfahren angesichts der Wetterverhältnisse. Viele der Mitreisenden, die vorher gekuscht hatten und schweigend ihre Pässe abgaben, kommen nun zu mir und verschwenden Lob ob meiner Courage… - na denn. Der Deutsche, der vorhin seinen 90-cent-Kommentar abgegeben hatte, schaut den Rest der Fahrt eifrig aus dem Fenster. Deutsche machen nicht gerne Fehler.

Vor dem nächsten Pass schlägt das Wetter um. In voller Dunkelheit, aber wenigstens ohne Schneetreiben, fahren wir die endlos steile Strecke in die Ebene von Sarchu herunter. Die Zeltgruppierung befindet sich mittlerweile im Dunkeln, es ist nach 21.00. Gegenüber vom Checkposten wird angehalten und der Mann, der den "Weinshop" führt, aus dem Schlaf gerissen - für unseren "Conductor, Mechaniker oder "I am just the Driver"" wird der Kiosk geöffnet und mit einer Flasche Schnaps kommt er zurück.
Weiter geht es zu unserem Zeltlager - schön weit ab von den anderen Restaurants, damit keiner den 300 Rupien-schlafplatz mit dem 50 Rupien-Schlafplatz nebenan vertauscht oder dort das billigere Mineralwasser kauft. Bei Minus- graden schlafen die Leute in den Zelten.
Der Mechaniker, offensichtlich schon besoffen, schmeißt derweil meinen riesigen Samsonite-Koffer vom Busdach, obwohl drunter 2 Leute stehen, die diesen entgegennehmen wollten. Ich werde erst in Manali rausfinden können, was kaputt ist.


Am nächsten Morgen zeigt sich, daß der Bus nicht anspringt - für den Fahrer keine Überraschung, er wußte gestern schon, daß die Karre nicht mehr anspringt, wenn sie ausgeht. Das hat ihn allerdings nicht daran gehindert, den Bus im Dreck in einer leichten Senke abzustellen statt auf abschüssigem Gelände. Jetzt werden wir eingespannt und sollen schieben. Schon mal versucht, einen Bus zu schieben? Ein Teil der Leute hat keine Lust, schließlich haben sie einen SuperDeluxebus zu hohem Preis bezahlt. Die, die mithelfen, gehen in einer Weise unkoordiniert vor, die für uns eigentlich gar nicht vorstellbar ist - jeder schiebt irgendwann. Nach 15 Minuten und mehreren Anläufen sind sie endlich so weit, daß sie es halbwegs zum selben Zeitpunkt versuchen - keinen Zentimeter vorwärts kommen sie. Mittlerweile haben wir wieder 1,5 Stunden Verspätung und alle frieren. Aber von wegen "mehr Tee" - 'not possible, sagt der Zeltplatzbetreiber. Ein zurückhaltender israelischer Mechaniker und Ingenieur hat den vielerprobten Vorschlag, den Bus mit einem "Jack" anzuschieben - dabei werden die Reifen angehoben und ein Seil unter die Reifen gelegt. Aber unser "Mechaniker-Controlleur-I am just the Busdriver" hat keine Lust und will nicht kooperieren. Ich bekomme das zu hören und gehe auf den sitzenden Typen los. Inder hören eigentlich nicht auf Frauen. Aber wie ich nach 5 Sätzen mit ihm fertig bin, geht er los und holt den Wagenheber. Irgendwie hat mich der Treck wohl zum Bulldozer gemacht.
Der Versuch wird auf halbem Wege abgebrochen, denn nun hat sich ein LKW genähert und bietet hilfsbereit seine Batterie an als Starthilfe. Jetzt werden die schweren Batterien ausgetauscht. Aber auch das hilft nicht, 15 Minuten rödelt der Fahrer und produziert nichts anderes als dichten blauen Rauch. "Das endet damit, daß keiner der Wagen eine funktionierende Batterie hat" meint einer. Der Israeli sucht mittlerweise nach Seilen und muss es selber machen, da die Inder lieber rumstehen als auf dem Zeltplatz nach Seilen zu suchen, die es angeblich nicht gibt.


Bei Sarchu










Die Touristen, aus aller Herren Länder, verstreuen sich mittlerweile auf der Ebene, um etwas Sonne und Wärme abzukriegen. Somit sehe ich die folgende Szene nur aus der Ferne, aber einige haben es fotografiert:




Die Motorabdeckungen neben dem Fahrersitz werden abgeschraubt und das Innenleben freigelegt. Irgendwo wird eine große Fackel gefunden und angezündet. Mit einer 70 cm hohen Flamme betritt der - noch von der Nacht besoffene - Mechaniker den Bus, ungeachtet der Tatsache, daß einige Touristen verzweifelt erst ihr Gepäck retten wollen, das auf den Hintersitzen gestapelt ist. Die riesige Fackel wird an den Motor gehalten… - Der Motor entscheidet sich schließlich, nicht zu explodieren sondern anzuspringen - die warme Luft machts. Begeistert torkelt der Mechaniker, die Fackel in Kreisen schwingend, um den Bus herum zur Feier. Am Nachmittag entdecken wir erst die 'unwesentliche Tatsache" daß der Bus an 2 Stellen Diesel leckt….

Mit erneut mehr als 2 Stunden Verspätung geht es nun zum nächsten Pass. Da die Einnahmequelle mit Pässen und Checkpoints nun versiegt ist für diese Fahrt, sammelt der Mechaniker am nächsten Zeltdorf die Inder von der Straße auf, die über den Pass mitwollen oder nach Manali - der Ertrag geht in die Taschen des Busteams und der Vorgang trägt ihm weitere böse Proteste von Seiten der Reisenden ein - man sei ein Touristenbus und "De Luxe".



Das Wetter ist schön und wir kommen ohne weitere Vorfälle über den nächsten eisigen Pass. 15 Km vor der ersten wirklichen Ansiedlung, Darcha, und schon in wärmeren Höhenverhältnissen, tut es plötzlich einen Schlag, es rappelt und ein Reifen ist in den ewigen Jagdgründen - jedenfalls meinen wir das zunächst.

                                                                                                                                                                                  Erdrutsch hinter Sarchu
                                                                                                                                                    
                                                                                                                                               Diese nächste Zwangspause dauert eine Stunde. Dann zeigt sich, daß der ausgetauschte Ersatzreifen ebenfalls platt ist - na was für ne Überraschung, das konnte offensichtlich keiner des Teams erinnern. Und es kommt noch dicker: Von dem platten Ersatzreifen abgesehen haben wir insgesamt noch weitere 3 "punktierte" Reifen, die ausgetauscht werden müssen…. . Nun wird ein Wagen angehalten, der ein Taxi aus Darcha hochschickt. In diesen Jeep passen 2 der 3 benötigten Reifen, damit verschwindet das Busteam nach Darcha, nachdem versucht wurde, die Touristen zur Fuß in das Dorf zu schicken ( - und, wen wundert es, ein Teil der Schafe folgt und wandert abwärts). Der Mechaniker kotzt sich unterdessen gründlich aus und legt sich dann in der Fahrerkabine Schlafen. Hätte er mal den Fahrer schlafen lassen….







3 Stunden später können wir mit 2 ersetzten Reifen bis Darcha fahren, dort wird der letzte Reifen ausgewechselt, aber nicht der Ersatzreifen, der bleibt platt. Der Mechaniker ist wieder unter den Lebenden und wird beim Essen gesehen. 16.30 fahren wir weiter. Mittlerweile mache ich Mitreisende aufmerksam, daß wir nicht vor 1.00 in Manali sind und der letzte Weg abwärts den Rothangpass herunter (der Name Rothang bedeutet: ein Haufen Leichen") gefährlich ist und in der Kondition von Bus und Fahrer mit zu wenig Schlaf eigentlich viel zu riskant. Doch in Darcha bricht mir eine Zahnkrone raus und diese Tatsache bewirkt, daß ich in Keylong, der nächsten Stadt, nicht die Kurve zum Aussteigen kriege, da ich nicht weiß, was für Zahnärzte ich dort finde. Und die Leute, denen ich das mit zu "gefährlich" gesagt hatte, hatten alle möglichen Gründe, schnell nach Manali zu "müssen" - trotz aller Vorkommnisse immer noch der Leichtsinn von "mir wird schon nichts passieren…"


Vor Darchu bei der Reifenpanne





In Keylong

Am letzten Checkpoint vor dem letzten Pass sondiere ich ernsthaft die Möglichkeit, auszusteigen - aber dort ist es zu spät, jetzt muss ich weiter mit bis zum Ende.

Ich wache auf, wie wir über den Pass fahren. Dann verändert sich plötzlich die Fahrweise des bislang sehr ruhigen Fahrers, er macht Wettrennen mit hinter ihm fahrenden LKW, die er nicht vorbei lassen will. Und das an einer der kritischsten Passstraßen der Strecke. Bei jeder 3. Haarnadelkurve muss er kurz vor dem Abgrund bremsen, da er nicht ums Eck kommt. Allmählich schrecken die Passagiere hoch. Die Wendemanöver sind abenteuerlich, da ja der Motor nicht ausgehen darf und der Wagen nach erfolgreicher Rückwärtsfahrt oft um mehr Meter auf den Abgrund zu zurückrutscht als er zurückfuhr, bevor der Fahrer ihn wieder im Griff hat. Der Wahnsinn trägt uns den halben Pass runter und wir beginnen gerade aufzuatmen, daß es bald geschafft ist, da kommt wieder eine Haarnadelkurve, um die er nicht herumkommt. Doch diesmal klappt das Bremsen nicht. Der Vorderreifen ist am Abrutschen und nur die Tatsache, daß 2 massive, 50 cm hohe Felsbrocken direkt vor dem Bus am Abgrund liegen und diesen aufhalten, verhindert die Katastrophe. Und nun geht auch das Rückwärtsfahren nicht mehr - jeder Versuch, zurückzustoßen, endet damit, daß der Bus weiter auf den Abgrund zu rutscht. Der Fahrer hängt schon längst über dem Abgrund, da verlassen nach dem 3. Versuch die Touristen fluchtartig das Fahrzeug, keiner nimmt Gepäck mit, jeder rettet die eigene Haut. Die Szenen der nächsten Stunde sind dramatisch. Die Reifen werden mit Steinen abgesichert, die aber den Bus auf abschüssigem Gelände nicht halten können. Trotzdem versucht der Busfahrer weiter, den Bus rauszuholen, als ob es um sein Leben ginge - das Leben, das er dabei aufs Spiel setzt… . Die Panik der Passagiere organisiert sich dann soweit, daß ein paar Mutige in den Bus gehen und das Gepäck retten. Jeder schreit nach SEINEM Kram, aber keiner will reingehen. Schließlich bildet sich eine Kette, organisiert von Deutschen, und 2 Tapfere sind im Bus und holen alles raus. Im Stockdunkeln wird das Zeug am Rand der 4,5 m breiten Straße gestapelt. Der "Mechaniker" verhindert unterdessen Versuche der anderen einlaufenden LKW-Fahrer, einen Weg entlang des Busses vorbei zu bahnen. Was das soll, erklärt er aber nicht. Schließlich murkst der Fahrer erneut den Motor ab, nachdem auch der Versuch, den Bus mit den Touristen (denen, die sich trauten) freizuschieben, fehlschlägt. Damit ist erst mal der Saft raus und Dunkelheit ist auf der Straße. Die Masse der Mitreisenden entschließt sich jetzt, das Gepäck auf den Rücken zu nehmen und bergab zu laufen - 15 km ev bis zum nächsten Dorf, 30 km bis Manali - in Wirklichkeit will wohl keiner den Absturz miterleben, der auch den Tod eines Menschen bedeuten würde. 4 Deutsche bleiben zurück: Nick leidet unter Auslaufern einer heftigen Höhenkrankheit und kann nicht so viel tragen oder laufen, engagiert sich aber heftigst in der Busrettung, derweil - welche Überraschung - keiner auf ihn hört. Reinhard und Ute bleiben, weil Ute den Weg nicht schafft und ich habe schlichtweg zu viel Zeug.
Eine weitere Batterie wird organisiert und versucht, an den Bus anzuschließen. Der Fahrer, der diese trägt, kollabiert dabei plötzlich auf der Straße und bleibt dabei liegen. Jemand sagte vorher schon, er würde torkeln, was nicht geglaubt wurde. Ich gehe auf ihn zu, worauf er sich aufsetzt und den Kopf in den Händen hebt. Nach ein paar Minuten steht er wirklich auf, ist aber sehr unsicher auf den Beinen. Jetzt wird deutlich, daß er nicht nur übermüdet ist,  sondern wohl auch jenseits der Passquerung irgendwas genommen haben muss. Ich informiere die anderen und wir sind uns klar darüber, daß wir in diesen Bus nicht mehr einsteigen können, selbst wenn die Armee oder sonst wer ihn wieder freibekommt.
Die LKW-Fahrer haben sich schlussendlich durchgesetzt und unter riskanten Manövern auf der abschüssigen und schrägen Straße können vorsichtig einige Fahrzeuge passieren. Nick nötigt eines der Fahrzeuge, uns mitzunehmen. Unser Gepäck kommt aufs Dach, die 2 Männer müssen hinten auf die Ladefläche und die 3 (!!)Inder gönnen sich das wunderbare Erlebnis, mit 2 Touristinnen vorne in allernächster Tuchfühlung zu sitzen und schlichtweg aus Platzmangel die Hände überall haben zu dürfen, wo sonst nur Prügel die Folge wären. Immerhin - wir kommen sicher nach Manali, und das ist uns auch diese an sich unschuldige Erfahrung wert. 6 Km weiter passieren wir unsere Kameraden, die mit sichtlicher Verzweiflung ihren Weg abwärts gehen in der völligen Dunkelheit - doch der LKW ist wirklich voll, wir fahren weiter.

In Manali angekommen, verständigt der agile Nick Militär (zum Abschleppen) und Polizei. Letztere muss erst geweckt werden. Wir anderen gehen derweil, 3.00 morgens und froh, noch heile zu sein, in ein Hotel zum Schlafen.

Am Morgen treffe ich Nick. Er war nach endlosen Erklärungen mit den Polizisten Richtung Pass gefahren. Man stellte aber fest, daß der Bus unterdessen freigekommen war und auf dem Busbahnhof stand. Dort wurden Fahrer und Mechaniker geweckt, die im Bus schliefen. Nun sollte Nick offiziell Anzeige erstatten, damit die Sache ihre Wege gehen kann, Blutproben genommen werden können etc. .Der Busfahrer ist verzweifelt und bittet inständig, darauf zu verzichten, da dies sein Leben ruinieren würde. Und Nick - gibt nach. "Wieso machst Du so einen Aufstand, wenn Du vor dem entscheidenden Schritt kneifst?" frage ich ihn am nächsten Tag. Den Mechaniker hätte ich schon gerne im Knast gesehen… Fackel und so, betrunken, professioneller Abzocker, die Batterie kein Wasser, 2 Diesellecks unter dem Bus, 4 kaputte Reifen, davon 3 gleichzeitig - wer glaubt denn an Zufall bei so was??? Nun, gelaufen ist gelaufen.

In Manali treffe ich auf Richard, der auch mit dieser Gesellschaft gefahren ist, aber mit anderer Mannschaft. Auch bei ihnen wurde der 50 Rupie-Trick versucht. Dort aber waren vorwiegend Israelis an Bord, und die haben den Collector beinahe aus dem Wagen geworfen. Und auch dieser Super-Deluxebus hatte ein Problem: Wenn ich das Englisch richtig verstanden habe, fiel da mal eben ein Stoßdämpfer aus dem Vorderrad…

Nun, wir sind alle in Manali angekommen und heile. Lernen konnte man hier, wie stark auch die Rolle der Passagiere ist beim Entstehen solcher "Unglücke". Der Weg nach Leh ist sicher mit 5 abgestürzten Fahrzeugen gepflastert gewesen, jeder weiß, daß die Strecke gefährlich ist, die Reiseführer berichten über einen Toten pro Tag. Aber nein, man hat seinen Zeitplan, seine Wünsche und wer weiß was noch alles und macht die Augen zu. Die Fahrer stehen unter Druck, das Unternehmen seinerseits ist versichert und schert sich daher einen Dreck um die Passagiere - also, was solls. Zeit ist Geld. Kennen wir doch irgendwoher…?

 
Zurück zum Seiteninhalt | Zurück zum Hauptmenü