Die Touristenhochburg Ilulissat liegt neben dem Mund des Kangja Eisfjordes, der +- 60 km lang und ca 7 km breit ist. Der Eisfjord ist gefüllt mit Eis aller Formen und Grössen sowie den Eisbergen, die eben jener Gletscher Sermec Kujalleq am anderen Ende des Fjordes kalbt. Es gibt keinen Weg, mit Booten in den Fjord einzufahren oder womöglich bis zum Gletscher vorzudringen. Wer zum Gletscher selber will, muß fliegen: ab 6 Mann mit dem Heli für 500€ pro Kopf, dafür kann man dann auch eine halbe Stunde in der Nähe der Abbruchkate stehen. Die Fließgeschwindigkeit des Sermeq Kujalleq wird aktuell mit rund um 20 (unesco-Website) bis 44 Meter pro Tag (einzelne Messungen) oder 7000 Meter pro Jahr angegeben und ist damit einer der aktivsten Gletscher der Erde. Seine Höhe wird aktuell mit 50-100 Meter (Unesco-Website) bis 1000 Meter (gewiefte dänische Flugzeugplatzverkäufer), seine Länge mit ca 7 km angegeben. Jährlich kalbt er 35 km3 (Unesco-Website) bzw 45 m3(Kangja-Website) Eis oder 10% des gesamten Grönländischen ins Wasser strömenden Eises. Früher ragte die Zunge oder Abbruchkante des Gletschers ins Wasser, wodurch absolut mächtige Eisberge abbrachen - der größte wird mit 1,5 km3 angegeben. Im Zuge der globalen Erwärmung, die merkwürdigerweise in Grönland viel stärker spürbar ist als anderswo, hat sich einerseits die Fliessgeschwindigkeit auf das jetzige Maß erhöht, andererseits hat sich der Gletscher nun weitgehend bis zur Landzunge zurück gezogen und ist dabei deutlich dünner geworden. Für das Kalben der Eisberge bedeutet das, daß mehr Eisschotter entsteht und - wie eine Wissenschaftlerin in einem Interview sagte - "die Zeit der großen Eisberge vorbei ist", weil die Gletscherstücke jetzt nicht mehr am Stück direkt ins Wasser plumsen sondern Brocken um Brocken schon auf Land zerbröseln, bevor sie in den Fjord fallen.
Der Naturfotograf und Wissenschaftler James Balog führte unter anderem an diesem Gletscher ab 2005 eine Langzeitstudie mit wetterfest gemachten Kameras durch, mit der er die Entwicklung des Gletschers während einiger Jahre dokumentiert hat. Dabei konnte er auch eine Gletscherkalbung von der Größe Manhattens dokumentieren - die Aufnahmen finden sich in dem Film "Chasing Ice". Der dort gleichfalls dokumentierte Rückzug der beobachteten Gletscher - also auch von diesen - ist erschütternd und erklärt auch die unterschiedlichen Angaben (vielleicht war der Gletscher ja mal einen Kilometer hoch...). Er jedenfalls spricht von untergehenden Wesen, von
sterbenden Gletschern...
Bild: das Innere des Kangia Eisfjords vom Flieger aus - mal wieder bei Nebel...
Bild vom Inneren des Kangja Eisfjordes: wie man unschwer sehen kann, ist hier mit Booten kein Durchkommen
Nun ja - "groß" ist relativ, was die Eisberge betrifft. Wie man an dem Bild ganz oben, das die großen Eisberge in ihrer Parkposition vor ihrer Weiterreise durch die Meere zeigt, am Vergleich mit den auch nicht kleinen Booten sehen kann, sind diese Teile immer noch 50 und mehr Meter hoch - und ein mehrfaches so tief, denn irgendwo zwischen 70 - 90 % des Wesens Eisberg liegt verborgen unter Wasser.
Der Eisfjord ist fast bis über sein Ende hinaus um die 1000-1200 m tief. Vor seinem Mund jedoch hat sich ein Moränenfeld angehäuft, das nur noch 200-300 Meter tief ist. Dort stoßen nun die großen Eisberge an, die ihrerseits zu groß sind, um diese Schwelle passieren zu können. Reiben am Moränengrund, Zusammenstöße mit anderen Eisbergen oder schlichtes weiteres Zerbrechen frühen zum Entstehen und ständiger Bewegung des Eisgürtels, der sich rund um Ilulissat legt und nicht eisfesten Schiffen den Zugang verwehrt. Bis zum Ende dieses Fjordes braucht der Eisberg schon ca ein Jahr. Danach begibt er sich erst mal weiter nach Norden auf die Reise (in der Regel und je nach Windrichtung), gemeinsam mit einem Ableger des warmen Golfstroms, der die Westküste Grönlands herauf zieht. In der Behringstrasse erfolgt dann die Umkehr und entlang von Kanada geht es dann abwärts. Den meisten Eisbergen wird eine Lebenszeit von um die 3 Jahren nachgesagt und daß sie letztlich erst zwischen New York und den Azoren zusammen geschmolzen sind.
Eine Fahrt durch diesen Eisgürtel und entlang der Eisberge ist unbedingt ein absolutes Erlebnis. Es endet aber vor dem Eisfjord, wie die Bilder oben unschwer zeigen. Ist dieser im Winter zugefroren, kann man mit Hundeschlitten darauf spazieren fahren, aber auch nur an seinem westlichen Teil: Jeder neu gekalbte Eisberg, jeder sich drehende oder zerbrechende Eisberg kann mächtige Tsunamis durch den Fjord schicken und das zum Teil in gegenläufigen Strömungen bewegende Eis kann die Boote zwischen sich zerreiben. Insofern, aller Reklame zum Trotz: in den Fjord darf man, aktuell 2014, nicht einfahren und kann es auch gar nicht, weil der Fjord mit Eis dicht ist. (Über den Zugang zum Eisfjord und zum Gletscher siehe auch die offizielle Website: http://www.kangia.gl/en/Besoeg%20Isfjorden/Adgang%20til%20Isfjorden).
Auch wenn viele Hotels in Ilulissat mit dem "Blick auf den Icefjord" werben - die Riesen in ihrer Parkposition sieht man tatsächlich NUR vom Hotel Arctic aus. Am Hotel Icefjord ist man zum Beispiel dichter am Wasser, kleinere Eisschollen parken oft direkt vor dem Fenster und der Blick geht nach Norden, wodurch die Eisberge tagsüber von vorne (Süden) von der Sonne angeschienen werden. Wer das Leuchten der Mitternachtssonne auf den Eisbergen sehen möchte, muß von Norden aus schauen - das wiederum geht vom Hotel Arctic aus am besten (siehe Bild unten, irgendwann nach 2.00 aufgenommen). Und man spart sich damit auch das wiederholte nächtliche Unterwegs sein müssen, da der Blick aus dem Fenster schon alles hergibt).
Das Hotel Arctic hat übrigens eine Webcam, die sich regelmässig updated, ziemlich genai mit dem Blick des hier unten gezeigten Bildes.