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Flussreisen in Laos Norden
Während ich diese Zeilen in den PC tippe -
Es war nicht ganz beabsichtigt, aber am Ende war ich 6 volle Tage auf Booten unterwegs. Die erste Tour ging von Luang Prabang aus nordwärts, in 2 Tagen über Nong Khiaw und Muang Ngoi bis Muang Khua. Das war ein Langboot mit Dach und viele Mitreisende waren Touristen. Die Landschaft gilt als und ist auch wunderschön! Nach einem Tag Busfahrt und einem Aufenthalt im Nationalpark Luang Nam Tha ging es in der 2. Tour mit einem Langboot ohne Dach und mir als einziger Touristin den Nam Tha abwärts -
Die letzte Tour war sozusagen zwangsweise: ich hatte mich mal wieder auf den Lonely Planet verlassen: mein besonderer Freund, ohne den man nicht unterwegs sein kann. Aber meistens lässt er einen dann in den Aussenbezirken im Stich. Statt des Busses, der tagsüber in 8 Stunden Luang Prabang erreichen kann, stehe ich vor einem Nachtbus als einziger Möglichkeit, der in 15 (!!) Stunden Fahrtzeit 500 km bergig-
Diese 3 Touren hatten ganz unterschiedlichen Charakter, ich beschreibe sie hier in chronologischer Reihenfolge:
1. Von Luang Prabang nach Nong Khiaw und über Muang Ngoi bis Muang Khua
Setting: In Luang Prabang fährt zumindest gelegentlich ein Boot nach Nong Khiaw. Alternativ könnte man den Bus nehmen, verpasst aber einen der schönsten Streckenabschnitte. Von Nong Khiaw nach Muang Ngoi gibt es garantiert Boote, die Touristen in das Dorf mit Generator und Mobilfunk bringen (ca1 h): Dort findet man dann mehr Touristen als Einheimische. Oft fährt ein/das Boot weiter nach Muang Khua. Da die Strecke nicht durch Straßen abgedeckt wird, sind hier auch viele Einheimische unterwegs, die von a nach b wollen. Muang Ngoi hat massenhaft Gasthäuser, auch wenn der Lp es nicht erwähnt. Alle Streckenabschnitte kann man auch mit einem Boot machen, das man für sich selber mietet -
Am Anfang steht allerdings die Tankstelle...
Diese Strecke gehört mit zum schönsten, was ich bislang gemacht habe: von der vielfach völlig unberührten Flusslandschaft aus erheben sich die Karstberge -
Aber auch die Landrodungen sind -
Und die Segnungen der modernen Zivilisation hängen allgegenwärtig in den Büschen, wo sie im steigenden Flußwasser der Monsunzeit hängen geblieben sind.
Entlang des Flusses kann man kleine ursprüngliche Dörfer sehen.
Viel vom Arbeitsleben spielt sich jetzt, Ende Oktober zum Ende der Regensaison, am Fluss ab: Der fallende Wasserspiegel gibt die fruchtbaren Hänge wieder frei, die häufig zum Schutz von herumlaufenden Zeigen und Rindern umzäunt werden und an denen nun wieder Anbau betrieben werden kann.
Die Männer sind am Fischen oder arbeiten an ihren Booten
während Kinder am Fluss spielen und Baden. Sie wirken dabei aufgeschlossen und glücklich.
Und dennoch: Wer zur Schule will, muss weite Strecken auf sich nehmen, was in diesem Fall "Bootfahren" bedeutet. Damit wird ein Schulbesuch automatisch teuer, denn zu meiner Verwunderung sehe ich, dass die Einheimischen fast genauso viel Geld für die Fahrt bezahlen wie ich. Wikipedia vermeldet, rund 40 % der Laoten haben noch nie eine Schule besucht, in den nördlichen Provinzen wie Luang Namtha oder Phongsaly sind es mehr als 60 % -
Wenn man diese Hütten hier sieht, fernab jeder Straße, kann einem klar sein, dass die Kindersterblichkeit erheblich ist: in den letzten 12 Jahren ist sie allerdings von 10% auf 5% im ersten Lebensjahr gesunken. Mehr dazu zeigt diese Reportage:
"Kindersterblichkeit in Laos: Schweizer Geburtshelfer im Einsatz: Unter katastrophalen hygienischen Bedingungen müssen Mütter in Laos ihre Kinder gebären. Das Land, eines der ärmsten der Welt, hat kaum funktionierende Spitäler, die Sterblichkeit bei Neugeborenen und ihren Müttern ist enorm hoch. Die Rundschau-
So ist diese Tour, deren Natur mir als eines der letzten Paradiese erscheint, für die Menschen, die hier an den Ufern leben, bitterer Überlebensernst.
Die Strecke ist immer wieder von Wildwassern geprägt. Auch unser Boot schrammt gerne mal am Untergrund, ein Umstand, der die Guides davon sprechen lässt, daß Bootfahren auch nicht sicherer ist als Busfahren.
In Nong Khiaw finden sich auf den ersten Blick mehr Touristenhäuser und Trekkingagenturen als Einheimische. Das Restaurant mit den schönsten Ausblick auf den Fluß hält diesen Vogel an einer kurzen Leine auf einer Stange.
Am nächsten Tag begegnen uns Goldsucher Schiffe auf dem Fluß. Muang Ngoi liegt herrlich, scheint mir aber voll durchtouristisiert. Auch Muang Khua hat mehr Gasthäuser als Boote und liegt sehr schön an einer Halbinsel, die durch 2 zusammenströmende Flüsse gebildet wird. Leider muß ich am nächsten Tag gleich weiter.
2. Der Nam Tha:
Die 2. Tour, den Nam Tha runter, verläuft durchaus etwas abenteuerlicher und ich weiß nicht, ob man das allein reisenden Frauen so ohne weiteres empfehlen kann.
Da auch hier noch streckenweise ein Straßenanschluss fehlt, kommen die mit Waren beladenen Boote von Huomxai bzw der Thailändischen Grenze prall gefüllt heraufgefahren, um die Dörfer zu beliefern. Auf dem Runterweg werden auch Passagiere mitgenommen. Angeblich fahren die Boote nur, wenn genug Passagiere zusammen kommen. Ich wage das zu bezweifeln. Zumindest mein Bootsführer wäre eh gefahren, und das nur mit ein paar einheimischen Passagieren -
Das Wetter war nebelig trüb und verhangen, das Reisen wird so schnell ziemlich kalt. Zudem klatscht an den Stromschnellen schon mal eine pralle Dusche mit Wasser ins Boot. Zu Beginn der Strecke sieht man Kahlschlag entlang einer entstehenden Straße, an der gebaggert wird. Danach hört das auf und rechts und links der Strecke entfalten sich über lange Abschnitte fast unberührte Monsunwälder, mit Flechten und Ranken umzogene Baumriesen. Die Dörfer haben keinerlei Infrastruktur und gehören partiell zu den Ärmsten, die ich gesehen habe.
Das Abenteuer beginnt damit, daß einer von der Bootsmannschaft mit Gewehr einrückt. Mein Reiseagenturmensch verkauft mir diesen als Soldaten und ein Element der Sicherheit -
Die Sprachregelung besagt, daß ich mit der Familie des Bootsführers in einem Homestay bleiben werde. Mein Agenturguide bestätigt meinen Plan, jeweils nach Ankunft den entsprechenden Streckenabschnitt zu bezahlen: das sei so üblich. Na ja -
Nach einigen Stunden steuern wir ein Dorf in einer Flußbiegung an, das wunderbar abgelegen in der Landschaft liegt, keine Straße, aber schon Strom hat. Die Häuser sind keine Bambushütten, sondern beeindrucken durch solide Bauweise aus Stein und großen Hölzern. Auch ein Tempel gehört mit zum Bild. An prominenter Stelle fast über dem Wasser ist ein großes neues hohes Gebäude, ein Homestay, ausgelegt für eine ganze Gruppe von Leuten, die das offene Haus damit für sich haben: kein Bootsführer weit und breit zu sehen. Ich bin zunächst total begeistert und verbringe den Rest des Nachmittages mit beobachten des Lebens am Fluss und Erkundungen im Dorf. Meinem Bootsführer bezahle ich beim Aussteigen die Hälfte der Tour Plus Übernachtung und Abendessen, was ihn sichtlich irritiert -
Alle Menschen hier wirken durchaus fleißig und beschäftigt, etwas ein drittel der Menschen nimmt im Verlauf des Nachmittags ein Bad im Fluß. ich bekomme umgehend von allen webenden Frauen des Dorfes Besuch, die ihre Arbeiten verkaufen wollen -
Meine Wanderung durch das Dorf, in dem viele Häuser auf Homestays ausgerichtet sind, gibt mir tiefe Einblicke in die sozialen Strukturen einer traditionellen Menschengemeinschaft, wie es sie bei uns vor 100 Jahren sicher auch noch gegeben hat. Dazu vielleicht mal an anderer Stelle mehr. Jedenfalls bin ich sehr berührt und würde gerne mehr Zeit hier verbringen.
Meine erste Irritation kommt bei der Frage, wie das Dorf hier diese Ausstattung finanziert hat -
Gegen Abend wird deutlich, daß sich keiner für mein Abendessen zuständig fühlt: der Bootswechsel (zu wem eigentlich?) führt offensichtlich zu fehlendem Zuständigkeitsbewußtsein bei allen Beteiligten -
Eine weitere Szenenfolge beschreibe ich hier ausführlich und lasse dem Leser seine eigenen Schlüsse. Mag sein, daß der Umgang mit Geld kein traditionell Geübter ist, da in den abgelegenen Orten immer noch Tauschwirtschaft üblich ist -
Der Herr mit den Englischbrocken hatte mir nun also Essen gebracht -
Der Herr steht nicht wie vereinbart um 7.00 mit Frühstück vor der Tür, sondern um 6.00 ohne. Und schaut penetrant und sehr neugierig 15 Minuten durch die Gitterstäbe zu mir, die ich noch in meinem Bett vegetiere. Er findet das offensichtlich interessant und in seiner Funktion als (ungebetener) Weckdienst ist die Spionage vermutlich auch gesellschaftlich erlaubt. Zum Umziehen gibt es eine uneinsehbare Ecke, sehr zu seinem Bedauern, wodurch er dann auch irgendwann verschwindet. Ich finde mich etwas später in der unteren Etage ein, finde mich dort aber alleine mit einem Frühstück (und ziemlich pflegebedürftigen Geschirr) wieder. Dann tauchen die junge Lehrerin und der Haudegen auf, letzterer bringt eine Kanne mit Kaffee mit. Da es nun keinen Grund mehr gibt, ihm das Geld zu verweigern, gebe ich ihm die vereinbarte Summe plus 50% Aufpreis als Dankeschön. Hochzufrieden steckt der Mann das Geld weg, während die Lehrerin total geschockt schaut. Hier wird also klar: etwas stimmt nicht. Wer denn das Frühstück gemacht habe, frage ich. Die Lehrerin zeigt auf sich selber. Nun schaue ich den Herren fragend an -