Main menu:
Leh -
Wer die Geschichte nicht glaubt und sich die Augen reibt -
Die Geschichte beginnt in Leh, wo es Mitte September 2007 kalt wurde. Dunkle Wolken hängen über den Bergen und zwingen Fluggesellschaften zum Absagen der Flüge. Bald schließt offiziell die ca 450 km lange Straße nach Manali, es ist Zeit zu gehen.
Leh im September
Diesmal soll es mit einem privaten Busunternehmen gehen, das "Super Deluxbusse" mit verstellbaren Sitzen bietet. Auf halben Weg wird in einem Zeltlager übernachtet, ca. 24 Stunden Fahrt liegen vor uns. Die Strecke ist auf etwa 2/3 des Weges geteert, dann ca. 3 m breit. Der Rest ist eingesprengte Wegstrecke in Steilhänge, Schotterstraße, eingeebnete Erdrutsche und freie Landschaft -
Der Bus sollte morgens um 4.30 erscheinen und kommt mit einer Stunde Verspätung. 25 Touristen wollen mit. Die Fahrt beginnt ruhig, der Fahrer erweist sich als ruhiger und ausgewogener Fahrer, eine Seltenheit in Indien.
Vor Rumptse, bei schönem Wetter…
Nach 2 Stunden beginnt es sich zu bewölken und wird kalt. Auf dem Weg hoch zum ersten Pass, dem Tanglang La, beginnt es zu schneien -
Am Tanglang La, 5317m, bei schönem Wetter
Der Tanglang La, 5317 m üNN, bei schönem Wetter
Hinter dem Tso Kar beginnt eine weite Ebene, die z.T. statt auf der Straße in der Pampa, also dem schlichten Boden befahren wird, warum auch immer. Jetzt schneit es so heftig, daß offensichtlich wird, daß nur ein Scheibenwischer geht -
Vor Pang -
15 Minuten vor Pang, einer kleinen Zeltstadt für die Durchreisenden und ein Kontrollposten der Polizei, tritt der Mechaniker-
Tal von Pang
Vor Pang geht es steil abwärts. Glücklicherweise hört es auf zu schneien, so daß der Fahrer die Nadelkurven sehen kann.
Zeltlager bei Pang -
Am Checkposten steigen wir aus. Ich bin die erste der Protestler am Kontrollposten und verlange den leitenden Offizier zu sprechen. Die diensthabenden Burschen sind irritiert ob der Forderung und werden vorsichtig. Dann brechen die Klagen über sie herein. Die Reaktion erfolgt umgehend. Unser Kontrolleur wird geschnappt und vor versammeltem Volk mit einer Abreibung beehrt, die für indische Verhältnisse aber eher harmlos ist. Der Kerl steckt die Schläge weg ohne sich einen Deut zu scheren.
Die Busreisenden, die mir zunächst nicht geglaubt hatten, merken nun, daß sie es sind, die etwas falsch machen. Auch in den Zeltrestaurants macht die Sache die Runde und einige der Betreiber sind so ärgerlich, daß sie sich gleichfalls am Bus einfinden. Denn auch in die Restaurants kommen diese Typen und verlangen Essen, Geld oder Tee dafür, daß sie die Touristen in die Läden schicken. Am Ende kommt der diensthabende Polizist in den Bus und erklärt der versammelten Mannschaft: "don't give this man any money -
Die Fahrt geht weiter, mittlerweise ist es nach 16.00 und eigentlich zu spät zum weiterfahren angesichts der Wetterverhältnisse. Viele der Mitreisenden, die vorher gekuscht hatten und schweigend ihre Pässe abgaben, kommen nun zu mir und verschwenden Lob ob meiner Courage… -
Vor dem nächsten Pass schlägt das Wetter um. In voller Dunkelheit, aber wenigstens ohne Schneetreiben, fahren wir die endlos steile Strecke in die Ebene von Sarchu herunter. Die Zeltgruppierung befindet sich mittlerweile im Dunkeln, es ist nach 21.00. Gegenüber vom Checkposten wird angehalten und der Mann, der den "Weinshop" führt, aus dem Schlaf gerissen -
Weiter geht es zu unserem Zeltlager -
Der Mechaniker, offensichtlich schon besoffen, schmeißt derweil meinen riesigen Samsonite-
Am nächsten Morgen zeigt sich, daß der Bus nicht anspringt -
Der Versuch wird auf halbem Wege abgebrochen, denn nun hat sich ein LKW genähert und bietet hilfsbereit seine Batterie an als Starthilfe. Jetzt werden die schweren Batterien ausgetauscht. Aber auch das hilft nicht, 15 Minuten rödelt der Fahrer und produziert nichts anderes als dichten blauen Rauch. "Das endet damit, daß keiner der Wagen eine funktionierende Batterie hat" meint einer. Der Israeli sucht mittlerweise nach Seilen und muss es selber machen, da die Inder lieber rumstehen als auf dem Zeltplatz nach Seilen zu suchen, die es angeblich nicht gibt.
Bei Sarchu
Die Touristen, aus aller Herren Länder, verstreuen sich mittlerweile auf der Ebene, um etwas Sonne und Wärme abzukriegen. Somit sehe ich die folgende Szene nur aus der Ferne, aber einige haben es fotografiert:
Die Motorabdeckungen neben dem Fahrersitz werden abgeschraubt und das Innenleben freigelegt. Irgendwo wird eine große Fackel gefunden und angezündet. Mit einer 70 cm hohen Flamme betritt der -
Mit erneut mehr als 2 Stunden Verspätung geht es nun zum nächsten Pass. Da die Einnahmequelle mit Pässen und Checkpoints nun versiegt ist für diese Fahrt, sammelt der Mechaniker am nächsten Zeltdorf die Inder von der Straße auf, die über den Pass mitwollen oder nach Manali -
Das Wetter ist schön und wir kommen ohne weitere Vorfälle über den nächsten eisigen Pass. 15 Km vor der ersten wirklichen Ansiedlung, Darcha, und schon in wärmeren Höhenverhältnissen, tut es plötzlich einen Schlag, es rappelt und ein Reifen ist in den ewigen Jagdgründen -
Diese nächste Zwangspause dauert eine Stunde. Dann zeigt sich, daß der ausgetauschte Ersatzreifen ebenfalls platt ist -
3 Stunden später können wir mit 2 ersetzten Reifen bis Darcha fahren, dort wird der letzte Reifen ausgewechselt, aber nicht der Ersatzreifen, der bleibt platt. Der Mechaniker ist wieder unter den Lebenden und wird beim Essen gesehen. 16.30 fahren wir weiter. Mittlerweile mache ich Mitreisende aufmerksam, daß wir nicht vor 1.00 in Manali sind und der letzte Weg abwärts den Rothangpass herunter (der Name Rothang bedeutet: ein Haufen Leichen") gefährlich ist und in der Kondition von Bus und Fahrer mit zu wenig Schlaf eigentlich viel zu riskant. Doch in Darcha bricht mir eine Zahnkrone raus und diese Tatsache bewirkt, daß ich in Keylong, der nächsten Stadt, nicht die Kurve zum Aussteigen kriege, da ich nicht weiß, was für Zahnärzte ich dort finde. Und die Leute, denen ich das mit zu "gefährlich" gesagt hatte, hatten alle möglichen Gründe, schnell nach Manali zu "müssen" -
Am letzten Checkpoint vor dem letzten Pass sondiere ich ernsthaft die Möglichkeit, auszusteigen -
In Keylong
Ich wache auf, wie wir über den Pass fahren. Dann verändert sich plötzlich die Fahrweise des bislang sehr ruhigen Fahrers, er macht Wettrennen mit hinter ihm fahrenden LKW, die er nicht vorbei lassen will. Und das an einer der kritischsten Passstraßen der Strecke. Bei jeder 3. Haarnadelkurve muss er kurz vor dem Abgrund bremsen, da er nicht ums Eck kommt. Allmählich schrecken die Passagiere hoch. Die Wendemanöver sind abenteuerlich, da ja der Motor nicht ausgehen darf und der Wagen nach erfolgreicher Rückwärtsfahrt oft um mehr Meter auf den Abgrund zu zurückrutscht als er zurückfuhr, bevor der Fahrer ihn wieder im Griff hat. Der Wahnsinn trägt uns den halben Pass runter und wir beginnen gerade aufzuatmen, daß es bald geschafft ist, da kommt wieder eine Haarnadelkurve, um die er nicht herumkommt.
Doch diesmal klappt das Bremsen nicht. Der Vorderreifen ist am Abrutschen und nur die Tatsache, daß 2 massive, 50 cm hohe Felsbrocken direkt vor dem Bus am Abgrund liegen und diesen aufhalten, verhindert die Katastrophe. Und nun geht auch das Rückwärtsfahren nicht mehr -
Eine weitere Batterie wird organisiert und versucht, an den Bus anzuschließen. Der Fahrer, der diese trägt, kollabiert dabei plötzlich auf der Straße und bleibt dabei liegen. Jemand sagte vorher schon, er würde torkeln, was nicht geglaubt wurde. Ich gehe auf ihn zu, worauf er sich aufsetzt und den Kopf in den Händen hebt. Nach ein paar Minuten steht er wirklich auf, ist aber sehr unsicher auf den Beinen. Jetzt wird deutlich, daß er nicht nur übermüdet ist, sondern wohl auch jenseits der Passquerung irgendwas genommen haben muss. Ich informiere die anderen und wir sind uns klar darüber, daß wir in diesen Bus nicht mehr einsteigen können, selbst wenn die Armee oder sonst wer ihn wieder freibekommt.
Die LKW-
In Manali angekommen, verständigt der agile Nick Militär (zum Abschleppen) und Polizei. Letztere muss erst geweckt werden. Wir anderen gehen derweil, 3.00 morgens und froh, noch heile zu sein, in ein Hotel zum Schlafen.
Am Morgen treffe ich Nick. Er war nach endlosen Erklärungen mit den Polizisten Richtung Pass gefahren. Man stellte aber fest, daß der Bus unterdessen freigekommen war und auf dem Busbahnhof stand. Dort wurden Fahrer und Mechaniker geweckt, die im Bus schliefen. Nun sollte Nick offiziell Anzeige erstatten, damit die Sache ihre Wege gehen kann, Blutproben genommen werden können etc. .Der Busfahrer ist verzweifelt und bittet inständig, darauf zu verzichten, da dies sein Leben ruinieren würde. Und Nick -
In Manali treffe ich auf Richard, der auch mit dieser Gesellschaft gefahren ist, aber mit anderer Mannschaft. Auch bei ihnen wurde der 50 Rupie-
Nun, wir sind alle in Manali angekommen und heile. Lernen konnte man hier, wie stark auch die Rolle der Passagiere ist beim Entstehen solcher "Unglücke". Der Weg nach Leh ist sicher mit 5 abgestürzten Fahrzeugen gepflastert gewesen, jeder weiß, daß die Strecke gefährlich ist, die Reiseführer berichten über einen Toten pro Tag. Aber nein, man hat seinen Zeitplan, seine Wünsche und wer weiß was noch alles und macht die Augen zu. Die Fahrer stehen unter Druck, das Unternehmen seinerseits ist versichert und schert sich daher einen Dreck um die Passagiere -