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meine Reisen > Himalaja-Trecks > Ladakh, Indien
17 Wochen trecken in "Klein-Tibet" - im Norden des Himalaya in Laddakh, Nordindien - auf durchschnittlicher Reisehöhe von 4500 m.
Tsaraptal bei Sarchu, am Zusammenfluß von Tsarap und Lingti Chu
Zur Einleitung:
2006, 2007 und 2009 unternehme ich in diesem Gebiet 3 Trecks. 2006 und 2007 als Frau alleine, wie es meinem Naturell entspricht - ein Ponyführer muß mit, denn auf hunderten von Kilometern gibt es nichts zu Einkaufen, alles muß mitgenommen werden und auf der Höhe wächst nur noch karges Futter für die Ponys. Für die entlegensten Gebiete kommt noch Kunga mit, eine Nomade, denn das Risiko ist sonst zu groß. 2006 sind wir 4 Wochen am Stück zu zweit unterwegs, 2007 sind es 10 Wochen zu dritt mit 2 Zwischenstopps an der Straße von Leh nach Manali: hier können wir die ca. 200 Kilometer zur nächsten Stadt zurücklegen, um unsere Vorräte aufzustocken.
10 Wochen Treck am Stück, das sind Abenteuer, Geschichten, Verrücktheiten, gefährliche Wege und vieles mehr, unter anderem 3500 z.T. herrlichste Bilder aus den entlegensten Regionen dieser Bergwelt.
Alle sind heil wieder heim gekommen, Helfer und Pferde. Und das war angesichts unserer letzten Wegstrecke ein Wunder. 4 Wochen haben wir keine Menschenseele gesehen, weder Nomade noch Zelt noch sonst was. Dabei ist Laddakh eigentlich "dicht besiedelt", was Nomaden betrifft, da hier die erstklassige Paschminawolle bzw. deren Spender, die Ziegen gedeihen. Aber wir sind Wege gegangen, die seit Jahren oder auch Jahrzehnten nicht mehr genutzt werden und daher schlichtweg verschwinden - wir waren also nicht Pfadfinder, sondern Wegbereiter. Abrutschende Steilhänge, eingestürzte enge 2 m breite Wasser-Schluchten, gewaltige leere Täler, herrlichste weite Landschaften, Seewasser klar wie in der Karibik, ein waschechter Nomade als Helfer und Begleiter, ein eigenes Reitpony. Und natürlich die üblichen indischen Schlampereien. So habe ich während eines Einkaufstopps in Leh eine Email an alle geschrieben, die der Shop-Besitzer anders als versprochen aber nicht versandt hat. Viele Stunden Arbeit und herrliche Bilder für die Katz. Hier nun, für alle diesmal, also nochmal von vorne:
Die Ponys:
Durch die extreme Höhe und - man wird es erinnern - meine entwickelte Fülle - haben wir bald gemerkt, daß wir die Tagestouren nur schaffen, wenn ich einen Teil der Zeit ein eigenes Roß von oben beehre. Somit habe ich Gelegenheit, meine alten Reitkünste wieder aufzufrischen, und die sind auf diesen abenteuerlichen Pfaden definitiv auch nötig. Es ist unglaublich, was diese Tiere leisten im Tragen und Klettern und steigen von Steilhängen, Moränenfeldern, Flußbetten und schmalen Bergpfaden, wo auch gelegentlich mal ein Huf nach abwärts einbricht - man ist mehr an Bergziegen erinnert als an Ponys. Unter der Pflege sind die Tiere auf dem Treck rund und fett geworden, auch die schwarze Stute, die mich 2006 getragen hatte und 2009 meinem Partner Andreas beim Klettern hilft...
Es zeigte sich 2007 relativ schnell, daß ich ein eigenes Reitpony kaufen muß, da ebenjene stolze schwarze Stute meines Ponyführers Namgang über den Winter ziemlich abgebaut hatte - aber, nach 10 Wochen Treck 2007, ist sie wieder topfit und fett - und womöglich schwanger. Ein netter schwarzer Hengst hat sie beehrt, aber, wie Namgang sagte:"he has just one ball, therefore she can't get a baby"... na denn. Also wurde ein wilder junger, bildschöner und für hiesige Verhältnisse ungewöhnlich großer und kräftiger Wallach erstanden. Der Nachbar war wohl froh, ihn loszuwerden, denn es zeigte sich schnell, daß mein gutes Ross vor allem und jedem scheute: Vögel, Wassereimer, größere bunte Felsen (Und das in den Bergen...). Esel, gerade Kniehoch, trieben ihn auf die Hinterbeine, und so ging es weiter. Und von wegen und so "einfangen lassen". Na, das Kilo Zucker ist wohl draufgegangen für die Zähmung. Jetzt steht er still, wenn ich fotografieren will, ist LKW- und motorradsicher, Vögel-, Esel-, Ziegen-, Yak-' Hunde- und Kjang-aushaltend. Er trägt eifrig schreiendes Frauchen mit wedelndem Nomadenstock und Trillerpfeife - eine Geschichte, die weiter unten erzählt wird. Das Zelt kann vor seinen Füssen kollabieren und wir müssen ihn nicht anschließend irgendwo in den Bergen suchen. Er hat sich als das zähm- und lehrbare und ganz treue Tier erwiesen, das ich von Anfang an in ihm gesehen hatte, trotz Hengstmanieren. Und er liebt den Zucker und schleckt mir die Hände mit großer Ausdauer. Mit diesem netten Tier war ich ab der 3. Woche dann tagsüber weitgehend alleine unterwegs, in Frieden reitend oder ihn führend, Freßstellen suchend und die herrliche Landschaft genießend. Namgang war mit der Pferdegruppe weit vor oder hinter mir außer Sichtweite.
Mein Spatz trägt mich durch den Zara Chu (Tsarap Tal)
Ab der 4. Woche waren wir in Nomadengebieten und hatten als Helfer Kunga, einen waschechten Nomaden, der seine Tiere verkauft hatte, weil er zu alt geworden ist um zu hüten. Nomaden sind irgendwie ein Sonnenvolk. Während wir, wenn wir etwas tun, in Gedanken immer irgendwo anders sind, war Kunga immer gerade da, wo er war, stand oder tätig war. Hütete er die Pferde an irgendeiner Stelle, wurde er ein Teil der Landschaft- endlos ruhig und weit, hätte auch ein Felsen sein können. Wenn was nicht stimmte, wachte er nachts auf durch diese natürliche Verbindung zu den Tieren. Doch trotz der Weite und der Lichtfluten zwingt die Eiseskälte dieser Landschaft die Menschen große Teile des Jahres nach innen, in die dunklen Yak-Zelte, in der ein Feuer aus einer Flechte glimmt.
Verschwundene Ponys, Wolfsspuren, massenhaft Murmeltiere, ein verrückter Kjang (Eselart mit Aussehen von Antilopen), nächtlicherweile plötzlich riesige Yaks vor dem Zelteingang, ausgetrocknete Wasserläufe, wo doch Wasser sein sollte, kilometerbreite Flusstäler, die die Nordseite des Himalaja entwässern und nicht zu kreuzen sind, ganze Herden von Wildtieren, eine Welt an Blütenpflanzen, die sich für einige Wochen in dieser Kargheit halten können. Und dann all diese Gebirgsbildungen, eine Wunderwelt an Licht und Farben, Weite und Struktur. Hier auf der Website einige wenige Bilder, alles andere wird vielleicht irgendwann man veröffentlicht. Von einem Teil der Strecke haben wir 2009 Filmmaterial gedreht.
Ach ja, der Regenschatten:
In Laddakh regnet es bekanntlich eigentlich kaum. Bis auf 2006 und 2007…
"Was passiert, wenn es regnet?" frage ich Namgang 2006 angesichts unseres Luxuszeltes - ich wette, Sie würden Ihre Kinder damit nicht im eigenen Garten zelten lassen, schauen Sie weiter unten. "Oh, a little rain is no problem", bekomme ich zur Antwort. - Und wenn es mehr regnet? Seine Antwort: "I'm praying, that it is not..." Na denn, 2006 hat das wohl geholfen.
Anderen ging es nicht so gut: Kurz vor unserem ersten Treck 2006 hat es 8 Tage in Strömen geregnet. Laddakh liegt eigentlich im Regenschatten, kaum mal fallen dort ein paar Tropfen. Daß der Monsun über die Berge zieht, hat alle überrascht. In Leh wurden Notunterkünfte eingerichtet für die Bewohner der Tibetischen Flüchtlingscamps, in den Tälern versperrten Erdrutsche und Schlammlawinen das Weiterkommen. Wege - hier besser als Trampelpfade bezeichnet - wurden versperrt und manche Treckinggruppe war 2 Wochen von der Außenwelt abgeschnitten und eingesperrt. Für die Leute, die am Gepäck wie am Essen sparen, um nicht zu viel mittragen zu müssen, war das ein Drama. Denn die Nahrungsmittel wurden mehr als knapp. Eine Gruppe war kurz davor, eines der Ponys zu schlachten, bis sich ein Einheimischer mit Maggisuppen im Rucksack einen Weg zu der Gruppe hin gebahnt hatte… - überhaupt: anders als Nepal ist Laddakh nicht von Stationen durchzogen, von wo aus man Hilfe rufen könnte. Die meisten Agenturen sind auf Notfälle auch gar nicht vorbereitet, im Ernstfall müsste man über Satellitentelefon (haben Sie eines dabei??) die Armee rufen, und ob die ausrückt mit Helikoptern, ist zumindest nicht ausgemacht. Lehre für mich: Immer Nahrungsmittelreserven für zusätzliche 10 Tage mehr dabei haben.
Unser Zelt
ist ein Bungalow der Marke "Küchenzelt": rund in der Grundfläche mit etwa 3 m Durchmessern und einer Zeltspitze in Höhe von ca 1,80 m. Man kann also an einer Stelle gerade stehen und in Maßen aufrecht sitzen. Simples Leinenmaterial, die Hälfte eines Fallschirms der Armee, hieraus schneidern sich die Ponyführer ihre Unterkunft. Wenn man morgens an die Zeltwand faßt, kann man merken, ob es draußen gefroren hat. Und das tut es meist jenseits von 4500 m Höhe, und da befinden wir uns meist. Tagsüber liegen wir dafür im T-Shirt im Zelt. Der Zeltboden besteht aus dem, was Mutter Natur uns täglich gütig zur Verfügung stellt: Grasnarbe im Idealfall, kann aber auch Dreck, Lehm oder ein frisch geerntetes Feld sein, alles ist möglich...
Zelt, Roß und Krempel im Tsarap Tal Richtung Zanskar
Für 2007 besorge ich mir für den 10-Wochentreck doch etwas Regenfesteres: Plastikplanen. 2 von den Teilen passen genau um das Zelt und halten den Regen draußen und die Wärme drinnen. Welch eine Wohltat, wir haben es öfters gebraucht…. Herrliche Tage mit Büchern verbracht, wer treibt uns denn, wir haben Zeit!
das Zelt 2007 mit Plastikplanen von aussen…
Und von innen: hier 2009, der erste gemeinsame Treck mit meinem Partner:
Was hier alles sehr beengt aussieht, war für die Verhältnisse in Laddakh ein Luxustreck: Genug verschiedene Nahrungsmittel, vom Kaffee über Olivenöl und getrockneten Früchten bis zur Kokosnuss und den Kisten mit "frischem" Gemüse: in der trockenen Höhenluft trocknet das schnell, wird dabei aber ganz süß und hält sich lange.
Meine Helfer:
Namgang lebt in Choglamsar, dem tibetischen Flüchtlingscamp in Leh. Im Sommer verdingt er sich als "Ponyman". In den Bergen ist er absolut zuverlässig. Ein Treck ist auch gelegentlich Risiko, aber ich würde ihm problemlos jede Freundin oder meine Kinder anvertrauen. Zudem ist er außerordentlich ehrlich und gründlich: uns ist nie etwas abhanden gekommen auf dem Treck, weder Ausrüstung noch Wertsachen. Und er ist diskret - so hat er nie auch nur den Ansatz gemacht, sich mir zu nähern oder auch nur den Hauch eines Versuchs zu machen, z.B. zu spicken, wenn ich mich wasche - eine hier ungewöhnliche Eigenschaft, die mich beeindruckt hat. Kurz: er ist das perfekte Match, so daß ich eben gleich mehrere Trecks mit ihm gegangen bin. In den Bergen campt er gerne dort, wo das Risiko für Begegnungen mit anderen Ponymen oder Nomaden besteht. Im Umkreis einer Stadt ist er ein Schelm, der auch mal länger weg bleibt, als er vorhatte... und es ist unglaublich, was er an einem Tag so wegschafft.
Namgang sorgte für das Kochen und Auf- sowie Abbau des Lagers.
Kunga suchte derweil morgends die Ponys, die über Nacht frei weiden dürfen und dabei meist in der Nähe bleiben - bis auf manchmal....
Kunga beim Spülen
Ja, unsere Lasttiere und ihr Gepäck:
Sogar Eier haben wir dabei, hoch oben auf einem Ponyrücken thronend - über der blauen Matte in der Mitte des Bildes:
Die Eier dienen als wichtiger Eiweißlieferant, da wir weder Käse (außer etwas Yak-Käse) noch Fleisch dabei haben. Normalerweise passiert denen nichts - außer ein Pony wälzt sich.
Aber 2007 erfahren sie ein merkwürdiges Schicksal. 60 Eier haben wir dabei. Am ersten Morgen, wir campen in der Nähe einer Ansiedlung, schaut mir beim Aufwachen das Gesicht eines Tieres an, das am Zelt vorbei zieht - Luchs, Fuchs oder was…? Jedenfalls hat es ein Ei im Mund. Hühnerhaltung im Dorf…? Die Buddhisten halten eigentlich keine Hühner, wo also kommt das Ei her? "Namgang, where are our eggs?" - "Oh, outside…" . Tja, das waren sie mal. 25 Stück hat das Vieh über Nacht in Sicherheit gebracht. Glücklicherweise hat das Dorf einen Laden und wir können nachkaufen. Eine weitere Hälfte geht ein paar Tage später dabei drauf, daß Namgang unter Bäumen Rast macht und ein Tier seine Höhe mit Gepäck nicht kennt - Eier und Kerosinkocher bleiben auf der Strecke. Die letzten paar zertrete ich 5 Tage später auf dem Weg ins Markhatal, wie ich mich aus dem Zelt zwänge. Nach dieser Pechsträhne ist unseren Eiern nie wieder was passiert….
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