Leh - Sprungbrett in die Welt der Nomaden - Liebe zur Erde

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Leh - Sprungbrett in die Welt der Nomaden




Leh - Ausblick vom Palast (Foto: Richard Schuckman)



Hier finden Sie:


  • Lehs Lage in Ladakh

  • Geologische Besonderheit: die Sutur-Linie im Industal

  • Eindrücke von der Stadt und den Touristen

  • Leben bei 35 Grad minus

  • Lebensweise und Anbaumethoden

  • Kostbarkeiten aus der Sankar Gompa

  • Das Tibetische Flüchtlingscamp Choglamsar

  • Trecken in Ladakh



Ladakh gehört geologisch und auch religiös zur Tibetischen Hochebene. Jahrhunderte lang war Leh ein florierender Markt und Handelspunkt an dem Knotenpunkt der Seidenstraße: der Ost-Weststraße entlang des Industales und der Nord-Südverbindung nach Indien. Durch div. politische Umstände suchte Ladakh in früherer Zeit  Schutz bei Kaschmir und wurde so später ein Landesteil Indiens. Leh ist über Land nur wenige Monate des Jahres erreichbar, da die hohen Pässe des Himalaja auf dem Weg dorthin zugeschneit sind. 2 Straßen führen nach Leh: Wer durch den Krisenherd reisen mag, kann von Srinagar aus fahren, diese Straße ist 5 Monate im Jahr geöffnet. Von Manali aus durchquert man die Hauptkette des Himalaja, was nur in den Sommermonaten möglich ist. Mit dem Bus dauern beide Strecken 2 Tage für die etwa 450 Km, der Jeep braucht 18 Stunden. Die Strecke von Srinagar her ist dabei weitgehend bewohnt und verläuft durchs Industal. Die Nord-Südverbindung führt durch die Nomadenregionen des Hochplateaus und gehört mit ihrer durchschnittlichen Talhöhe von 4000-4500 Höhenmetern zu den abgelegensten Regionen der Erde.

Links: http://www.liebe-zur-erde.eu/leh-manali.html

            
http://www.liebe-zur-erde.eu/srinagar-leh.html (noch in Arbeit)


Wer nach Leh möchte, sollte das im späten Juni oder Anfang Juli tun. Danach ist die Stadt in einer Weise überlaufen, daß es nicht mehr schön ist. Die Flutkatastrophe vom Sommer 2010 kam durch die untere Innenstadt und hat auf die ganzen Touristeneinrichtungen in der Changsparoad keinen Einfluß gehabt. Insofern ist Leh auch weiterhin gut bereisbar.

Es regnet (normalerweise…) selten bis nie, im Winter fallen die Temperaturen auf 35 °C Minus (!). Ladakh ist überwiegend eine Trockenwüste, wobei Anbau im wesentlichen in den Flußtälern unter 4000 Metern Höhe betrieben wird. Regenfälle waren bislang selten, Ladakh wird erst in den letzten Jahren von gelegentlichen heftigen Regengüssen heimgesucht. Leh hat einerseits eine enorme Militärpräsenz durch die nahen Grenzen zu China und Pakistan - 10 000 weitgehend unsichtbare Soldaten bei gleichvielen Einwohnern - , andererseits ist es das letzte Fleckchen Erde, in dem die Menschen friedvoll den  traditionellen tibetischen Buddhismus leben können.

Die Sutur-Linie:

Leh liegt an einer geologischen Besonderheit, der Suturlinie. Diese "Grenze" zwischen der indischen und der asiatischen Kontinentalplatte verläuft durch das Industal, in dem Leh auch liegt. Umgeben von fast 7000 Meter hohen Bergen und selber auf 3500 Höhenmetern liegend, ist die Kontinentalplatte an dieser Stelle teilweise bis zu 70 Kilometer dick. Die Magmastöme des Erdmantels werden dadurch gestört, was zu einer Reihe ungewöhnlicher Erscheinungen führt: Nicht weit von Leh gibt es einen Hügel, in dessen Nähe die Kompaßnadeln streiken, weil das Magnetfeld gestört ist. In der Nähe eine weitere Spezialität betreffend die Gravitation: Ein Auto, an einer bestimmten Stelle abgestellt ohne die Handbremse anzuziehen, rollt - den Berg herauf.



Das Industal und die Sutur-Linie bei Tiktse

An dem Bild sieht man die fruchtbare Region des Industals. Auffallend sind die Auffaltungen der Berge: links, also im "Bereich" des Asiatischen Kontinents, sind die Gesteinsschichten aus Granit und gegenteilig aufgefaltet zu den gegenüber liegenden südlichen Berghängen ("Indischer Kontinent"), die aus fossilen Gesteinsschichten bestehen. Dieses Bild hat mich überrascht, da man normalerweise nicht von so klaren Grenzen bei den Gebirgen sprechen kann.


Eindrücke aus der Stadt:


Leh ist für mich eine Art "Durchreiseheimat" geworden: die Vorbereitungen der Trecks (siehe unter "trecking im Himalaja") und die Nacherholung am Ende derselben lassen mich jeweils froh sein, hier zu sein. Die Menschen und ihre Art zu leben stellen eine Besonderheit dar, so daß es lohnt, hier länger zu verweilen. Die Händler aus Kaschmir allerdings können einen wahnsinnig machen, so manches mal schon habe ich mir eine Peitsche gewünscht, muß ich zugeben. (Einkaufen ist in Manali jedenfalls deutlichst billiger, und statt auf den touristisch geprägten tibetischen Märkten unter den großen weißen Zeltplanen kann man dieselben Artikel auf dem regulären Markt für den Bruchteil des Preises kaufen).

Leh ist ein Touristenzentrum der besonderen Art. Im August sieht man so viele Touristen in den Straßen, daß die Ladakhis untergehen in der Menge. Mehrere Gruppen zieht es hier hin:
Da sind die Treckfreunde. Oft in Gruppen organisiert, aber auch viele Individualreisende bis hin zu den extremen Überlebenskünstlern, die mit einem riesigen Rucksack, Highteck-Equipment und abgewogener Nahrung alleine z.B. Zanskar durchqueren. (Ich habe mit Führer für vergleichbare Streckenlängen aber schlechterer Ausrüstung noch 4 Ponys gehabt und dafür frisches Gemüse). Dann sind da die vielen Individualtouristen, die einmal in eine der einsamsten Regionen der Erde reisen möchten oder Abenteurer, die den Himalaja auf der Leh-Manali Strasse auf welcher Art von Vehikel auch immer durchqueren. Aufgelockert wird dieses Völkchen, das die persönliche Herausforderung sucht, von den vielen überwiegend weiblichen Touristen, die den tibetischen Buddhismus erleben möchten. Scharen einsamer Frauen bevölkern die Strassen und Tempel und suchen nach Angenommensein, Liebe und Verständnis. Ein erschütterndes Bild eigentlich, das Lehs Straßen einem da bieten und das einem erst bewußt macht, wie wenig unsere Gesellschaften eigentlich von dem Ideal einer wirklich Christlichen Liebe durchdrungen sind. Diese sollte ihrem Ursprungsimpuls nach Menschen akzeptieren und ja gerade auch das Anderssein von Sündern, Zöllnern und Ehebrechern durchaus annehmen können. Die tibetischen Buddhisten haben den Grundquell ihrer Religion offensichtlich besser bewahrt als wir. Und, natürlich, gibt es hier auch die üblichen Globetrotter und die Kulturreisenden, die die Landschaft und Klöster aus kulturellem Interesse bereisen.


        










Von der Changspa Road und meinem Lieblingsfrühstücksplatz, dem Booklovers Retreat aus, hat man einen herrlichen Blick auf die Shanti Stupa (Friedenspagode), die auf einem Hügel über der Stadt liegt. Auch Kloster und Gompa finden sich hier. Das Booklovers Retreat bietet nicht nur ein ruhiges Ambiente und sauberes Essen, sondern tatsächlich auch Bücher und ein paar Computer auf der Terrasse.











Die Restaurants haben vielfach eine Dachterasse, auch hier Chanspa-Road. Das ruhige und beschauliche Leben der Stadt läd die Touristen ein, hier zur Ruhe zu kommen. Und der Hit: seit 2009 gibt es richtigen echten guten Kaffee, Espresso und Cappuchino in der Stadt!


Im Sommer ist es schön hier. Aber im Winter ist es eisig kalt, obwohl oft die Sonne scheint. Die Bewohner sind dann bei 35 °C minus vom Rest der Welt regelrecht abgeschnitten - wer weg will, muß fliegen. Es wird so kalt, daß - wie ein Freund erzählt - wenn man einen dicken Wollpullover zum Trocknen raus hängt und vergißt, kann man ihn am nächsten Morgen 2inso viele Stücdke brechen, wie man möchte", das Gewebe hat die Konsistenz von Glas. Die Familien heizen aufgrund des Holzmangels der Region daher mit Tierdung oder Kerosin, beheizt wird nur ein einziges Zimmer im Haus. Immer mehr Ladakhi überwintern daher mit steigendem Wohlstand in Delhi.



Der ehemalige Palast, gebaut von König Sengge Namgyal (1612-1642),  heute eine unbewohnte Ruine. Er ist ein herausragendes Beispiel für die tibetische Architektur des Mittelalters.

       
  

Gebetsmühlen gehören zum Alltag - ins Mauerwerk eingelassen, in der Hand gedreht oder als große Kreisel, um die man herumlaufen muß, um sie in Bewegung zu setzen. Im Inneren befinden sich heilige Texte. Die Menschen glauben, daß sich die Kraft der Mantren in die Umgebung ergießt, wenn man die Räder dreht. Besonders alte Menschen sind fortwährend mit den kleinen Handmühlen unterwegs, die sie selbstversunken drehen und dabei Mantren murmeln - meist das "Om mani peme hum" (Tibetische Aussprache, sonst om mani padme hum. Erklärung siehe Wikipedia, es ist komplizierter als allgemein angenommen).


        



Die Marktstrassen in Leh:

Hier residieren auch ein Dutzend Schneider - und die werden zum Teil für recht ungewöhnliche Aufgaben gebraucht: Mein klare "Wirtschaftsstrukturen" gewohnter Partner hat nicht schlecht gestaunt, als er am eigenen Leibe erfuhr, welch ein Tagesgeschäft es ist, ein 20 kg-Paket in Leh an der Post aufzugeben!: Taxi zum Hauptpostamt am Flughafen - und bitte einmal rumdrehen, das Paket muß zum Schneider, und der muß es in weißes Tuch einnähen - ein Überbleibsel aus der englischen Kolonialzeit. Also zurück zum Markt, denn beim unteren Postamt hatte kein Schneider ein entsprechend großes Tuch.

In Leh im Markt lehnen alle Schneider erst mal ab, das Teil sei zu groß. Der Letzte in der Straße erbarmt sich, da schleifen wir die 20 Kg schon einen halben Kilometer weit.
Stunden später das Postamt am Markt - nimmt nur Pakete bis 10 Kg an.


Also Taxi zurück zum Hauptpostamt. Jetzt werden wir zumindest eines Blickes gewürdigt und - jetzt erst - kommt das Paket auf die Waage: es sind aber 20,5 Kg!!! Und jetzt…? Bei schlechter Laune müssten wir die ganze Tour nochmal machen, denn man kann ja nicht einfach etwas herausnehmen aus einem zugenähten Paket. Dem Herrn sei Dank für kleine Gnaden - es wurde so verschickt!







Anbaumethoden damals und heute:

Diese Bilder sind von 2007, tatsächlich, und mitten in Leh geschossen, also nicht irgendwo abseits vom Lande - die Menschen leben immer noch wie so wie früher.  Dabei ist diese Familie, die hier ihr Feld bestellt, gut situiert - mit eigener Pension, großem Haus und Garten in der Changspa Road, der Familienvater hat ein akademisches Studium und ist in gutem Angestelltenverhältnis bei einer Behörde.

            

                   

           


Kostbarkeiten aus der Sankar Gompa:

Nördlich der Stadt liegt die Sankar Gompa versteckt in herrlich grüner Umgebung - ein Geheimtipp an Ruhe und Spiritualität und normalerweise nicht so frequentiert. Die Öffnungszeiten sind so eingeschränkt, daß ich gleich mehrfach vor verschlossener Türe stand. Das Kloster ist die offizielle  Residenz des inzwischen verstorbenen Kushok Bakula, des Oberhaupts der Gelug-Pa Sekte in Ladakh. Das Anwesen zeichnet sich durch eine Atmosphäre von tiefem Frieden aus, anders als die großen Klöster in der Stadt und im Umkreis.

          







Dieser kleine Fluß hier im Hintergrund hat es in sich - wenn Regefälle heftig werden, schwillt er an und hat auch schon die Häuser in der Nachbarschaft mitgerissen… . Mönche finden sich hier überall und sind Teil der Gesellschaft.






Das tibetische Flüchtlingscamp Choglamsar


Choglamsar ist heute ein Meer von Lehmhäusern auf einem Gelände, das südlich von Leh von der indischen Regierung zur Verfügung gestellt wurde. Nach der Flüchtlingswelle, die die Invasion der Chinesen in Tibet ausgelöst hat, haben sich Unmengen an Tibetern hier nieder gelassen. Hier wohnt auch Namgang, mit dem ich auf die Trecks gehe. Die Camps haben rudimentär Strom, kein fließendes Wasser oder Abwasser. Im Winter wird es in diesen Lehmhütten eisig. Gekocht wird mit Kerosin, geheizt mit Tierdung, sofern vorhanden. Und das bei 35 °C minus.




Einige wenige haben es zu bescheidenem Wohlstand gebracht und bauen bessere Häuser, haben Fernseher und andere Annehmlichkeiten.
Besonders erschütternd daher, daß die Flutwelle von 2010 im östlichen Teil Choglamsars fürchterliche Verherungen angerichtet hat.


Auch viele Nomaden lassen sich mittlerweile in Leh nieder und bauen in dieser Region. Nomaden in Ladakh sind nicht arm - siehe dazu die Seiten zur Paschminaindustrie.

Links eine Innenhofansicht eines Hauses in Camp 9



Ponyherde in Choglamsar:




Das ist mehrheitlich ein bedrückender Anblick - die Tiere sind unterernährt, oft mit unversorgten blutigen oder eiternden Wunden. Das Tier, das mir hier verkauft werden sollte, war auf einem Auge blind und hatte alte Druckstellen am Rücken, die es bei Berührung zittern ließen. Wer sich auch einen Treck begibt, sollte zuvor eigentlich die Ponys seiner Agentur selbst anschauen. Insbesondere auf dem berühmten Markhavalley-Treck gibt es für die Tiere quasi kein Futter (Die Bewohner des Tales können nicht zusätzlich 200 Ponys zusätzlich jeden Tag füttern, es herrscht hier Selbstversorgung), der Anblick der müden und ausgezehrten Tiere ist vielfach erschütternd.

Ursprünglich waren Ponys ein Statussymbol der Reichen. Dann kam das Auto. Nun halten nur noch arme Leute diese Tiere - zur Bestellung des Landes oder eben als Transportmittel für die Trecks. Damit sind die Ponys im Wesentlichen in die Hände der Tibetischen Flüchtlinge gekommen, die bislang wenig mit Pferden zu tun hatten. Entsprechend ist die Pflege und Ausrüstung oftmals miserabel.
















Ein Bus auf dem Weg nach Choglamsar - noch ist er leer.





Wer nach Leh möchte, sollte das im späten Juni oder Anfang Juli tun. Danach ist die Stadt in einer Weise überlaufen, daß es nicht mehr schön ist. Die Flutkatastrophe vom Sommer 2010 kam durch die untere Innenstadt und hat auf die ganzen Touristeneinrichtungen in der Changspa-road keinen Einfluss gehabt. Insofern ist Leh auch weiterhin gut bereisbar.



Trecken in Ladakh


Neue Regelungen besagen, daß man nur noch mit autorisiertem Führer in die Berge darf, oder, anders ausgedrückt: mit Agentur. Die Leute müssen schließlich von was leben in Leh, und jede Familie hat mittlerweile mindestens eine Agentur, die ja auch Geld abwerfen soll. Man kann auch bei den Spitzenagenturen davon ausgehen, daß die nur mit Wasser kochen. Wenn also alle Guides unterwegs sind und alle Ponyführer, gibt es halt die Begleiter, die sich auftreiben lassen. Alles schon erlebt. Diese Dinge sind zu empfehlen:

  • Ausreichend großer Zeitpuffer

  • Mehr Nahrung als nötig (Es sitzen immer wieder Leute in den Bergen fest wegen Regenfällen)

  • Die Ponys vor Abreise auf Verletzungen und Ernährungszustand überprüfen, wenn man mit gutem Gewissen reisen möchte

  • Satelitentelefon bei größeren Entfernungen (bieten nur wenige Agenturen an!). Da sich die Agenturen im Service nicht unbedingt unterscheiden, lohnt es, gerade darauf zu achten. Ich selber war allerdings immer ohne unterwegs. Auch ein Satelitentelefon ist keine Garantie für Hilfe im Ernstfall.



Weitere Hinweise zum Trecking sind hier zu finden:

http://www.liebe-zur-erde.eu/_logistik_ausrustung_einleitung.html


Erfreuen Sie sich auch an den ausführlichen Seiten zu:


Klöstern in Ladakh:                       
http://www.liebe-zur-erde.eu/kloster_in_laddakh.html
Meine Trecks:                                  
http://www.liebe-zur-erde.eu/_logistik_ausrustung_einleitung.html
oder der Busreise Leh-Manali:
http://www.liebe-zur-erde.eu/leh-manali.html

 
 
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