Hongkong einmal anders - Liebe zur Erde

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Hongkong einmal anders



Hong Kong - Verschnaufpause von Asien


Erste Frage: Ist Hongkong überhaupt "China"??

Verschiedene Dinge beschäftigen mich hier. Zunächst mal ist es die pure Erholung, nach 2 Monaten China und dessen Menschen, die blind und ohne rechts oder links zu sehen durch die Zeit drängen, wieder in einem entspannten Umfeld zu sein. Und das ist ja schon eine beeindruckende Aussage: ein internationales Finanzzentrum, Hochhausschluchten und Shoppingparadies als Entspannend zu bezeichnen. Aber genau so erlebe ich es: die Menschen haben wieder einen offenen Blick, die Atmosphäre ist viel entspannter und freier.

Und ja - wer sollte das meinen: Hongkong ist überwiegend eine Ansammlung intensiv tropisch bewachsener grüner Inseln, die zum großen Teil kaum bewohnt sind. Wunderbare Buchten mit sauberen Stränden reihen sich aneinander - und jetzt, im Oktober, ist kein Mensch hier. Vermutlich sind das mit die schönsten und saubersten Strände, die ich in den nächsten Monaten sehen werde: ohne Lärm, ohne Gegaffe irgendwelcher männlicher Einheimischer, ohne Müll - einfach nur schön. Eine Einschränkung aber gibt es doch: baden würde ich hier nicht - der Hafen liegt nur um die Ecke und in der Wasserstrasse endet der Perlfluß, der sicher nicht nur Perlen mit sich trägt.



Man kann also wahlweise in den Cafes der schmalen Gässchen zwischen den Wolkenkratzern abhängen, sich in die Läden aller Edelmarken der Welt begeben - oder in weniger als einer Stunde Fahrt mit Fähre und Bus an einem der Strände aushängen. Auch Mountain-Freaks kommen auf ihre Kosten: es gibt herrliche Wanderwege auf die viele hundert Meter hohen Gipfel. Wer nicht so gut zur Fuß ist, dem sei der Trost: zu den Hauptattraktionen kommt man auch mit Bussen oder Tram hoch.





So beginne ich hier mal mit den Teilen Hongkongs, die man nicht sieht, wenn man nur zum Schoppen oder für Businezz herkommt.










Mit der Starferry kommt man von einer Seite zur anderen, in unserem Fall ins Finanzzentrum - für 25 ct. Diese zum Teil 50 - 100 Jahre alten Fähren sind eine der Hauptattraktionen für Touristen (die Manager nehmen die Metro, die unterirdisch fährt und klimatisiert ist), weil man eine wunderbare Sicht auf die Skyline hat: Die Fähren werden noch Dieselelektrisch angetrieben wie zu alten Zeit, aus dem Schornstein raucht der Dampf und die schweren Seile werden von 2 Männern mit Haken aus dem Wasser gefischt und um die Verankerungen gelegt.







Dort wartet der Bus nach Aberdeen, wo es in der Meerenge Leute gibt, die auf Hausbooten leben. Als ich ankam, war der Hafen Touristenleer und keiner konnte sagen, wo man eine entsprechende Tour bekommt. Aber eine Fähre wartete dort - 40 Minuten Schiff fahren für 1,1€ - und die Stadt ist an sich teuer, muß man sagen!

Aberdeen:



Sok Kwu Wan auf der Lammainsel



ist eine kleine Fischerbucht. Hier wird Fischzucht betrieben und von der Stadt kommen die Menschen raus, um sich aus 6 m2 großen Becken ihre Mahlzeit fürs Wochenende selber heraus zu fischen. Sämtliche Häuser wurden zu Restaurants erweitert, die in Becken das lebendige Getier zum Verzehr bereit halten. Aber auch ein Cafe mit westlichem Styling, einem Rundsessel für 2 (der 2. fehlt leider) und herrlichem Iced Macciato lädt zum Verweilen ein - in dieser kleinen autofreien Oase hänge ich ein paar Stunden aus.... Wenn man danach nicht denselben Rückweg nehmen will, geht es auch direkt mit der Fähre zurück nach Central.

WEr sich durch die Slideshow Klickt, wird auch noch einen Eindruck von dem Viechzeug gewinnen, das man dort frisch auf den Tisch bekommt...

Lantau

Die ruhige Insel Lantau birgt neben dem neuen Flughafen auch weitere Strände und Fischerdörfer als auch diesen großen herrlichen Buddha, der auf 500 Höhenmetern über der Insel thront: Auf dem Ngong Ping Plateau errichtet, willkommt der Tian Tan Buddha, der zum Po Lin Kloster gehört, seine Besucher. Der Buddha ist sehr ausdrucksstark, ein wunderbares Kunstwerk aus überraschenderweise neuerer Zeit. Mit seinen 26 Metern ist er der höchste sitzende Buddha der Zeit - und aus Bronze.

Das Örtchen Tai O ist ein Fischerort. Hier stehen die Häuser auf Stelzen und die Besuchermassen können den Sonnenuntergang bewundern, frischen Oktopus und andere Meerreserzeugnisse in Bechern kaufen, und Delfinen vor der Küste zuschauen. Die Busse nach Sonnenuntergang karren die angereisten Massen dann zurück in die Zivilisation - es fahren so viele Busse, bis der Ort leer ist, also keine Angst, man muß nicht zurück bleiben.





Soho

ist ein weiteres Beispiel, wie überraschend relaxed und bequem so ein Hochausviertel sein kann: hier reihen sich in den kleinen Straßen und Gässchen die Cafes und Restaurants aneinander und zu essen gibt es hier alles, was das Herz begehrt - . Hier entdecke ich eine neue Art, Cocktails zu reichen, nämlich als eine Art Eismatsch, der wunderbar lange kühl bleibt, und in Wiener Cafes kann ich entspannt das Flair  Asiatischer Garküchen vergessen. Das Finanzviertel liegt an einem Hang, den eine sicher 1 km lange Rolltreppe etappenweise hinaus führt. Schliesslich ist es hier heiß, und wo käme man denn hin, wenn der Finanzmanager morgens im verschwitzten Hemd anschnaufen würde? Entsprechend fährt die Rolltreppe von 6.00 - 10.00 abwärts und von 10.00 - 24.00 aufwärts.

Ein paar der Glasfassaden bei Tag und bei Nacht, in der Bilrdeihe darunter ein Eindruck, wie unten in den Gassen zum Teil gewirtschaftet wie vor 100 Jahren - Märkte und Bazare, wie überall in Asien.

Ein weiteres Highlight sind die 2-Stöckigen Strassenbahnen - auch diese wecken eine nostalgische Erinnerung an ein vergangenes altes Europa, als es noch Pferdekutschen gab und die Zeit langsamer verlief. Witzig für mich sind die ganzen Reklameanstriche, mit denen die Bahnen geschmückt sind - sogar das heimische Oktoberfest ist aktuell vorhanden...:






Und klar: selbstverständlich darf auch dieser Anblick nicht fehlen: der Viktoria Gipfel auf 500 Metern - das erste und letzte Bild sind dort entstanden. Für einen Euro trägt einen entweder der Bus auf 522 Höhenmeter hoch, eine Strecke entlang der Rückseite der Insel durch herrliche Landschaft - oder man fährt mit der Tram, die ungleich teurer ist, dafür aber spektakulärer, vor allem auf dem Runterweg. Da sich die Holzsitze nicht in Fahrtrichtung verstellen, sitzt man auf dem Rückweg mit dem Rücken abwärts geneigt ziemlich schräg im Sattel.




Viele Gespräche führe ich hier - vor allem mit Hongkong-Chinesen, aber auch mit Westlern, die sich länger hier aufhalten. Es ist nämlich "Goldene Woche" in China - die Nationalfeiertag-Woche, in der sich die gesamte chinesische Welt für "Holidays" aufmacht. Und für die besser Gestellten bedeutet das schlicht: shoppen. Hongkong ist bis Sonntag restlos überfüllt und überlaufen, vor den Läden der Edelmarken bilden sich lange Schlangen von Chinesen, die beispielsweise unbedingt zu Cartier reinwollen: der an der Tür stehende Sicherheitsdienst lässt immer so viele Kunden ein, wie auch bedient werden können - die anderen müssen draußen warten. Die Piers und andere fotogene Sehenswürdigkeiten sind überlaufen von Festlandchinesen, die hier ihre Figur im Foto hinterlassen müssen und sich auch sonst ganz so zeigen, wie man sie von "Mainland China" her kennt. Es gibt also im ganz normalen Alltagsbetrieb der Stadt reichlich Gelegenheit, daß rempelde  Chinesen wildfremde Westler dazu bringen, sich gegenseitig hilflos anzuschauen und ins Gespräch zu bringen. Und gestehen muß ich: ein bisschen überrascht bin ich ja schon, zu hören, daß meine "Vorurteile" offensichtlich auch Ansicht und Überzeugung der hier ansässigen Leute betrifft: die "Mainland Chinas" werden nicht gemocht, aus unterschiedlichen Gründen. Rücksichtslosigkeit und mit "Dollarzeichen in den Augen" sind so die Hauptschlagworte. Nun ist ein internationaler Finanzplatz sicher auch kein primär sozialer Ort. Hier wird von den "Einheimischen " eventuell erlebt, was ich an der Art festmache, wie unterschiedlich sich Honkonger und Festlandchinesen auf der Straße bewegen. Auch die Honkonger sind zielgerichtet und nicht nur am schlendern - aber sie haben eine Art von Entspanntheit und sozialer Wahrnehmung, die sie eben in Menschenmengen auch mal ein paar Zentimeter ausweichen lässt, damit alle aneinander vorbei können. In China sieht man auf den Strassen nur leere Gesichter und Augen, in der Bewegung reinen Sozialdarwinismus - oder das ganze Wesen vergraben im Smartphone: verloren und versunken in der Menschenmenge, blind mal gehend, mal stehend ohne Wahrnehmung der sich bewegenden Umgebung. Gerade die Tatsache, daß die Menschen hier sich auch wieder zumindest partiell gegenseitig wahrnehmen (am ausgeprägtesten sind daran westliche Touristen zu erkennen), macht mir diese Stadt zu einer Erholung. Daran kann man ermessen, wie es hinter der freundlichen Fassade in China denn tatsächlich aussieht.

China wird mir eine bleibende Traumatisierung bleiben, steht zu befürchten. Aber nach Hongkong komme ich jederzeit zurück. Und wer Pause braucht von Asien, ist hier genau richtig!

Als weiterführende Lektüre überhaupt zu Asien ist das Buch von Tiziano Terzani, vormaligem Spiegelredaktuer, zu empfehlen: "Fliegen ohne Flügel", 1995.



 
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